Rezension: Günter Faltin: David gegen Goliath. Wir können Ökonomie besser

Von der Markenökonomie zum „Entrepreneurship als Volkssport“ – Günter Faltin zeigt Wege zu einer neuen und besseren Ökonomie auf

Der Klappentext von Günter Faltins aktualisierten und neu aufgelegten Titel „David gegen Goliath“ hat sofort mein Interesse geweckt, ist darin doch die Rede von einer „überzeugenden und zukunftsfähigen Ökonomie“ und von den dunklen Seiten des Marketing.
Nach der Lektüre muss ich sagen, dass das Buch zu den besten Wirtschaftstiteln gehört, die ich kenne. Günter Faltin hat Volkswirtschaft studiert und ist Hochschullehrer und Unternehmensgründer („Teekampagne“). Und er schafft es, Menschen für eine neue Ökonomie zu begeistern. Unsere Vorstellungen von Unternehmertum sind von zahlreichen Vorstellungen geprägt, die so nicht (mehr) zutreffen. Im Grunde genommen kann heute jeder Unternehmer werden – zunächst nicht unbedingt mit Gewinnerzielungsabsicht, etwa im Rahmen einer Freundschaftsökonomie, die auf den ganzen Marketingrucksack verzichtet und stattdessen für Qualität steht. Wer für sich selbst ein gutes Produkt gefunden oder mit Hilfe eines Herstellers entwickelt hat, kann auf diese Weise auch Freunden den Zugang zu einem verbesserten Produkt ermöglichen. Mir war diese Möglichkeit bisher auch nicht wirklich bewusst, aber im Rahmen von Sammelbestellungen agieren wir im Grunde genommen schon als Unternehmer. Faltin beschreibt in seinem Buch u.a. die Entwicklung eines ökologisch verträglichen Waschmittels, die ein Jurist gemeinsam mit einem Waschmittelhersteller geschafft hat. Viele Verbraucher gehen davon aus, dass große Unternehmen, die Markenware verkaufen, diese Ware auch selbst herstellen – doch meistens sind Hersteller und Marke überhaupt nicht identisch. Zahnbürsten verschiedenster Marken werden z.B. alle in einer Fabrik produziert. Und hier können Gründer einhaken, denn mit etwas Glück, einer guten Idee, die ordentlich Einarbeitung ins Thema erfordert und einem kleinen Kundenkreis, können auch Laien mit Experten aus der Herstellung zusammenarbeiten. Auf diese Weise ist es möglich, bessere Produkte günstiger herzustellen.
Wie das gehen soll? Durch den Verzicht auf den immensen Marketingrucksack, um den es im ersten Teil des Buches geht. Die „dunkle Seite des Marketing“ hat mich zutiefst nachdenklich gestimmt. Heute wird bei einem Großteil der auf dem Markt befindlichen Produkte mehr Geld in das Marketing als in das Produkt selbst gesteckt. Wir leben in einer Zeit des Überflusses, in der nicht mehr der Bedarf bestimmt, was wir kaufen, da zumindest in der westlichen Welt kein Mangel mehr herrscht. Deshalb muss das Mangelgefühl durch Marketing produziert werden. Und dies führt nicht nur dazu, dass wir unverhältnismäßig viel für qualitativ geringwertige Waren bezahlen, sondern auch dazu, dass in Afrika Kinder sterben. Die Drastik des Problems wird einem hier vor Augen geführt: In Afrika wird aggressiv für Milchpulver geworben. Es wird als höherwertige Alternative zu Muttermilch beworben – und Mütter, die das Beste für ihre Kinder wollen, lassen sich darauf ein. Das Problem ist nicht nur der horrende Preis des Milchpulvers, sondern auch die Tatsache, dass unter den klimatischen Bedingungen in Afrika keine ausreichende Hygiene gewährleistet werden kann und deshalb Babys zu Tode kommen. Dabei wäre Muttermilch kostenlos und steril…
Solche Beispiele machen deutlich, wie dringend wir handeln müssen. Wir haben mehr Macht als wir denken – und zwar nicht nur als Konsument, sondern auch als Entrepreneur.
Günter Faltin schreibt ausgesprochen anschaulich und lebendig. Anhand zahlreicher Beispiele zeigt er auf, welche lebensbedrohenden Probleme die Markenökonomie aufwirft und wie wir selbst aktiv werden können. Das Buch ist auch problemlos für Laien verständlich. Für mich eines der wichtigsten aktuellen Wirtschaftsbücher. Ich wünsche „David gegen Goliath“ viele Leserinnen und Leser, denn in jedem Einzelnen von uns steckt das Potenzial, die Welt auch wirtschaftlich zu einem besseren Ort zu machen.

Günter Faltin: David gegen Goliath. Wir können Ökonomie besser
erschienen am 14. März 2019
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